Donnerstag, 24.11.2016 | |||
19.00-23.00 Uhr | Auftakt Erfahrung |
||
Freitag, 25.11.2016 | |||
10.30-13.00 Uhr | Kritische Hafenrundfahrt Hafen |
||
15.00-17.00 Uhr | Einführungspanel 1 Utopie |
Panel 1 Subjekte |
|
17.00-19.00 Uhr | Einführungspanel 2 Zukünfte |
Panel 2 Planwirtschaft |
Workshop Antinational Exchange |
20.00-22.00 Uhr | Panel 3 Digitalisierung |
||
Samstag, 26.11.2016 | |||
10:30-12:30 Uhr | Panel 4A Natur |
Panel 4B Produktivkraft |
|
14:00-16:00 Uhr | Panel 5A Kontrolle |
Panel 5B Politik |
|
16:00-18:00 Uhr | Panel 6A Logistik |
Panel 6B Arbeit |
|
19:30-21:30 Uhr | Panel 7 Reproduktion |
||
Ab 22 Uhr | Abschlussparty Maschinenmusik |
Donnerstag, 24.11.2016
Auftakt (Donnerstag 19–22Uhr)
Erfahrung / Experience
Ort: Rote Flora, Achidi-John-Platz 1
Mit Inga Copeland und Born in Flamez
Support: David Mohn (NOYZ R UZ)
Um eine Zukunft zu gewinnen, die sich nicht in der unausgesetzten Wiederherstellung der Gegenwart erschöpft, reicht es nicht aus anders zu leben, zu arbeiten, zu denken. Wir müssen lernen anders zu fühlen, zu wünschen, zu träumen. Zu diesem Lernen, gehört auch ein Verlernen. Das kommunistische …ums Ganze Bündnis lädt zur Eröffnung seines vierten Kongresses zu Musik und Bewegung in die Roten Flora.
Freitag, 25.11.2016
Kritische Hafenrundfahrt (Freitag 10:30-13:00)
Hafen / Harbour
Ort: U-Bahn Station Baumwall, Ausgang Überseebrücke
Mit Hafengruppe Hamburg
(Achtung: Leider ist die Hafenrundfahrt bereits ausgebucht.)
Der Hamburger Hafen ist der drittgrößte Containerhafen Europas. Jährlich werden hier auf 7200 Hektar ca. 140 Mio. Tonnen Waren umgeschlagen. Es gibt wenige Orte in Deutschland, an denen die Transformation der Arbeitswelt, die fortschreitende Technisierung aber auch die kolonialistischen Ursprünge des Welthandels sowie die fortbestehende Ausbeutung anschaulicher aufgezeigt werden können. Daher wollen wir unseren Kongress mit genau diesem Anschauungsbeispiel beginnen und laden euch zu einer gemeinsamen Fahrt durch den Hamburger Hafen ein. Unsere Veranstaltungspartnerin, die Hamburger Hafengruppe, arbeitet seit über 30 Jahren politisch zum Hafen und führt seit 1983 alternative Hafenrundfahrten durch. Kaum jemand kennt die Entwicklung des Hafens über die letzten Jahrzehnte besser und hat mehr spannende Anekdoten auf Lager als die Genoss*innen.
Die Hafengruppe wird uns nicht nur die interessantesten Ecken des Hafens zeigen, sondern auch einen inhaltlichen Input zu den Themenblöcken Arbeit, Logistik und Kolonialismus halten und somit einen perfekten Auftakt für die kommende Diskussion liefern. Die Rundfahrt kostet 9 € ermäßigt / 11 € Solipreis und dauert ca 1 ½ Stunden. Wir bitten um eine vorherige Anmeldung.
BLOCK 1
Einführungspanel 1 (Freitag, 15-17Uhr)
Utopie / Utopia
Ort: ESA C
Sprache: Deutsch
No translation
Mit Christian Frings (Köln) und //re_vision medienkollektiv (Bielefeld)
Die Technik ist nicht neutral. Wird sie von Kapitalseite beständig vorangetrieben und weiterentwickelt, so erzeugt sie stetig auch neue Formen der Organisation der Arbeit an den Produktionsmitteln. Mit der Entwicklung der Produktionsmittel war dabei lange auch ein utopisches Potential verbunden. Die entwickelte Technik stellt uns alles bereit, was wir brauchen um die befreite Gesellschaft aufzubauen, wir müssen sie und uns nur von der Verwertung des Werts befreien. Das Panel soll einerseits erörtern, wie es in Zeiten des digitalen Kapitalismus um dieses utopische Potential steht und fragt andererseits wie emanzipatorische Politiken zum technologischen Wandel stehen. Die Analyse von Technologieverständnissen entlang des konzeptuellen Dreischritts Determinismus, Fortschritt, Lohnarbeitsverhältnis ist die Grundlage einer Karte, die als kompakte Visualisierung von impliziten und expliziten Widersprüchen unterschiedlichster Akteur_innen dient.
Christian Frings vertritt die These, dass obwohl sich die Einzelnen in Zeiten globalisierter Produktions-, Zuliefer- und Transportketten immer ohnmächtiger fühlen, die Maschinerie des Kapitals immer empfindlicher gegenüber kleinsten Störungen in der reibungslosen Kooperation einer global vernetzten Weltarbeiter_innenschaft wird. Das //re_vision Medienkollektiv wird demgegenüber nach den Protagonist_innen solcher Störungen fragen und eine Kartierung verschiedener linker Positionen zum technischen Wandel vornehmen.
Panel 1 (Freitag 15-17Uhr)
Subjekte / Subjects
Ort: ESA J
Sprache: Deutsch, Englisch
Übersetzung: Englisch → Deutsch, Deutsch → Englisch
Mit Hans Christian Dany (Hamburg, DE) und Ana Teixeria Pinto (Berlin, DE)
In den 90er Jahren versprach das Internet Anonymität und Austausch, neue Formen von Begegnung und Gemeinschaft. Heute scheint das Prinzip „Vernetzung“ vielmehr Totalität zu beanspruchen: Soziale Netzwerke lassen uns überall mit allen unterhalten und werden nebenbei zum Mittel der Überwachung. Im Internet der Dinge sollen analoge Geräte wie Kühlschrank und Toaster „intelligent“ miteinander kommunizieren. Die digitalen Unternehmen träumen von einer Technologie, die sich anschmiegt und damit beinahe verschwindet in der Smart City oder dem Smart Home. So schreibt diese sich allerdings nicht nur in unsere Lebensumwelten, sondern auch direkt in Körper ein: Was wir essen, wiegen, laufen, arbeiten, können wir via App und tragbarem Gerät erfassen. Ausgerichtet auf normierte Mittelwertkörper, ohne Behinderung und Depression oder Diabetes und erreichbar meist für die, die Geld und Zeit dazu haben. Gleichzeitig sind die digitalen Erweiterungen vor allem eins: Datensammlerinnen. Ob mögliches Kaufverhalten, politische Einstellung oder Gesundheit – Die Quantifizierung des Selbst ermöglicht dem digitalen Kapitalismus Wetten auf die Zukunft seiner Subjekte.
Das Panel will wissen, welches „Subjekt-als-User“ der digitale Kapitalismus formt: Können wir uns die Apps und Geräte – und so unsere Lebenswelten und Körper – wiederaneignen? Ana Teixeira Pinto untersucht virtuelle Geografien, in denen Ausschlüsse sowie die User als Konsument_innen generiert werden. Außerdem verweist sie auf affektive Beziehungen zur allgegenwärtigen Technologie. Während diese immer unsichtbarer werde, würden die Nutzer zunehmend transparent. Nach Hans Christian Dany funktioniert der Kapitalismus des 21. Jahrhunderts wie ein kybernetisches Modell: Störungen des Systems werden ausgeglichen für eine utopielose Stabilität. Der Zwang zur Selbstregulation übertrage sich auf die Subjekte. Um diesem zu entgehen plädiert er dafür „Idiot“ zu werden, sich der Kommunikation zu verweigern, technologische Schnittstellen zu kappen, um eine alternative Zukunft wieder erkennbar zu machen.
BLOCK 2
Einführungspanel 2 (Freitag 17-19Uhr)
Zukünfte / Futures
Ort: ESA C
Sprache: Deutsch
Mit Dagmar Fink (Wien, AT) und Timo Daum (Berlin, DE)
„Wir sind Cyborgs“ proklamierte die Feministin Donna Haraway 1985 in ihrem Manifest und verwies damit auf Utopien der Verbindung von Mensch und Maschine wie auch auf den Einfluss der Kybernetik auf unser Denken. Die Figuren der Science-Fiction schienen durch Informations-, Kommunikations- und Reproduktionstechnologien real zu werden. Im Gegenzug zeigten sich Grenzziehungen der westlichen Moderne, zwischen Organismus und Maschine, Mann und Frau, schwarz und weiß zunehmend als Fiktion. Offensichtlich hat die Digitalisierung unser Verhältnis zur Technik grundlegend reprogrammiert. Allerdings sind weder Weltraumkommunismus noch Postkapitalismus entstanden, sondern eher eine „Informatik der Herrschaft“: Start Ups und High-Tech Monopole verkaufen die permanente Innovation und wähnen sich als digitale Avantgarde auf dem Weg zur vernetzten Weltgesellschaft. Ein Geflecht aus Apps und smarten Geräten, Plattformen und Sozialen Medien, treibt die Digitalisierung aller Lebensbereiche voran. Transhumanismus – von „Wearables“, bis zum Traum von Unsterblichkeit in der Künstlichen Intelligenz – gehört mittlerweile zum ideologischen Repertoire des Silicon Valley.
Das Panel versteht sich als Einführung in zentrale Fragen des Kongresses: Wie kann Technologie/technologische Entwicklung Teil unserer Kritik werden? Dagmar Fink berichtet von radikalen Potentialen der Cyborg als sozialistisch-feministischer Aneignung auf Basis der Kritiken von Women* of Color. In queerfeministischer und afrofuturistischer Science-Fiction wird diese Vision eines Gemeinsam Werdens fortgeschrieben. Die Ideologien des Kapitalismus 4.0. bedienen sich ebenfalls technologischer Heilsversprechen – was steckt dahinter? Timo Daum zeigt, wie die Verwertung digitaler Information in der Plattformökonomie funktioniert. Dabei erweist sich der Kapitalismus im Zeitalter der Turing-Maschine als Meister der Transformation, Akzeleration und Disruption, der nebenher ein Heer an Selbst-Unternehmern hervorbringt, die sich gegenübertreten, als wären sie ihre eigenen Risikokapitalgeber.
Panel 2 (Freitag, 17-19Uhr)
Planwirtschaft / Planned economy
Ort: ESA B
Sprache: Deutsch
No translation
Mit Helmut Dunkhhase (Berlin, DE) und Rüdiger Mats (Leipzig, DE)
Der Kapitalismus ist eine anarchistische Produktionsweise. Kapitalist_innen lassen privat Beliebiges produzieren, ohne das klar wäre, ob das Produzierte auch gebraucht wird. Diese Planlosigkeit sorgt für Krisen: an einigen Stellen schwämmen sich überflüssige Güter zu wertlosen Haufen zusammen, an anderen Stellen gibt es zu wenig von allem. Dieselbe Irrationalität der kapitalistischen Produktion zeigt sich auch in ihrem Verhältnis zur Technik. Wenn die Produktivkraft steigt, verringert sich die Zeit, die der Arbeiter in der Fabrik benötigt, um eine Elle Leinwand zu produzieren. Es müsste daher gelten: Je höher die Produktivkraft, desto weniger Arbeit, desto mehr Produkte. Nur das ist nicht der Fall. Damit sich das Niveau der Technik in den Produkten auch widerspiegelt, müsste deren gemeinschaftliche Herstellung rational programmiert werden. Kommunikationstools wie Smartphones oder Facebook können dabei helfen.
Aber wie funktioniert das? Wie müsste eine Gesellschaft beschaffen sein, in der demokratisch über die Art und Weise der Produktion entschieden wird? Helmut Dunkhase präsentiert uns das Konzept einer zentralistischen Planwirtschaft, Rüdiger Mats stellt das Konzept der Commons vor. Zusammen wollen sie über den Kommunismus diskutieren: Wie funktioniert die Mathematik der befreiten Gesellschaft?
Workshop (Friday 17-19Uhr)
Antinational Exchange: How to do things with technology
Place: ESA W 223
Language: English
In Cooperation with Beyond Europe
We want open the discussion about the uses of technology for anti-capitalists, anti-authoritarian or radical groups in practice. In many cases we share common analysis of capitalism and that we need a radical change from below. But what role does technology play? And why does it (not) play this role? On the one hand there is the idea that especially new technology around the internet can boost social movements like the Arab Spring or the Indignados movement. On the other hand, comrades see the same tools as the new methods of power through the totalization by Big Data and propose a boycott. Very often we are torn apart between these two positions. While the analytical and theoretical focus on the congress is very high, in this get together we would like to tackle this question very practically and share our knowledge on which tools you use as activists and organisations and which you do not use – and why and why not.
BLOCK 3
Panel 3 (Freitag, 20-22Uhr)
Digitalisierung / Digitalisation
Ort: ESA A
Sprache: Englisch
Übersetzung: Englisch → Deutsch
Mit Rachel Baker (London, UK) und Matteo Pasquinelli (Karlsruhe, DE)
Die Algorithmisierung lässt die menschlichen Lebensformen als unablässiges Programmierungsproblem erscheinen. Mit der Digitalisierung des Lernens, des Arbeitens, des Kontakts wird die Frage nach dem »wie leben« zu einer rein technischen gemacht. Mittels welcher Mechanismen vollzieht sich diese Reprogrammierung des Sozialen und was lässt sich ihnen entgegensetzten? Wie lässt sich das Leben zu einem Problem kapitalistischer Digitalisierung machen? Wie sich die Zwecke der Digitalisierung verschieben?
Matteo Pasquinelli argumentiert, dass künstliche Intelligenz keine Frage der Zukunft ist, sondern dass sie im finanzialisierten Kapitalismus bereits realisiert ist, wenn auch ganz anders, als es uns die Vertreter der Kalifornischen Ideologie weismachen wollen. Bei Rachel Baker sind es konkrete politische Kämpfe in London, die den Einstiegspunkt für eine Darstellung der brutalen Dysfunktionalität der finanzialisierten Kapitalintelligenz bieten. Projekte wie »Sisters Uncut« kämpfen damit nicht nur gegen die Administrierung antisozialer Wohnpolitik, sondern setzen sich ebenso mit den Datenstrukturen auseinander die diese Politik und ihre Administration herstellen.
Samstag, 26.11.
BLOCK 4
Panel 4A (Samstag 10:30-12:30 Uhr)
Natur / Nature
Ort: ESA A
Sprache: Deutsch, Englisch
Übersetzung: Englisch → Deutsch, Deutsch → Englisch
Mit Out of the Woods Collective (Manchester, UK) und Andrea Vetter (Berlin, DE)
Für den Kapitalismus ist die Natur bloß Ressource oder Müllhalde. In dieser Perspektive drückt sich die vermeintliche Trennung von Natur und Gesellschaft aus. Weil der Kapitalismus die Natur als ihm äußerlich ansieht, kann er sie zurichten und ausbeuten. Dabei stiftet Technik die Verzahnung, denn nur durch sie kann der Zugriff auf die Natur im Sinne des Kapitals organisiert werden. Effizienter und kostengünstiger Abbau von Ressourcen, die schnelle Weiterverarbeitung dieses Materials, logistische Verteilung. Gleichzeit stellen Umweltkatastrophen und Klimawandel diese Trennung in Frage. Der Kapitalismus transformiert die Natur durch seinen Zugriff, er versucht sie gewaltsam nach seinen Prinzipien zu organisieren und untergräbt gleichzeitig seine Abhängigkeit von ihr.
Wie könnte ein Naturverhältnis aussehen, dass die Vergesellschaftung als Teil der Natur und die Natur als Teil der Vergesellschaftung ernst nimmt? Und was bedeutet das für das klassische linke Projekt des Fortschritts durch Industrialisierung? Das Out of the Woods Collective betonen die Kontinuitäten und Abhängigkeiten von Gesellschaft und Natur. Andrea Vetter hält dagegen die Idee konvivialer Technologien für eine sinnvolle Alternative zum Sozialismus mit seinem mangelnden Bewusstsein für die ökologische Frage. Zugleich bestreitet sie, dass green growth dabei helfen könnte das zerstörerische Naturverhältnis in ein nachhaltiges zu verwandeln.
Panel 4b (Samstag 10:30-12:30Uhr)
Produktivkraft
Ort: ESA B
Sprache: Deutsch
No translation
Mit Kendra Briken (Glasgow, UK) und Freundinnen & Freunde der Klassenlosen Gesellschaft (Berlin, DE)
Wie immer durch die neuen Technologien die Produktivkraft der Verwertung von Arbeit und Kapital auch gesteigert wird: Wichtigste Konsequenz scheint zu sein, dass Arbeit und Kapital erneut vor Verwertungsprobleme gestellt werden. Während die neuen Technologien aufseiten des Kapitals eine Allianz mit dem Finanzkapital eingehen, findet aufseiten der Arbeit einerseits eine Verlagerung von Arbeitskräften in neue Bereiche statt, andererseits werden massenhaft Arbeitskräfte überflüssig und freigesetzt. Sind diese Verlagerungen von Arbeit und Kapital nur die übliche Folge technischer Revolutionen, oder verschärfen sich die Probleme ihrer produktiven Verwertung derzeit tatsächlich? Auch die Arbeiten und ihre Bedingungen selbst wandeln sich, und auch hier ist die Entwicklung offen. Werden wir alle selbständige immaterielle Kreativarbeiter_innen, oder kehren neo-tayloristische Arbeitsformen, einfache Dienstleistungen, Stücklohn und entsicherte Beschäftigungsverhältnisse zurück? Und wohin führt die Steigerung der Produktivkraft durch die neuen Technologien für die Übewindung des Kapitalismus: Steht ihre kommunistische Aneignung und Übernahme oder steht ihre Zerschlagung und Überwindung an? Was ist die Stellung von Kommunist_innen generell zur Technik, zur Steigerung der Produktivkraft und speziell zu den neuen Technologien?
Die Freundinnen & Freunde der klassenlosen Gesellschaft sind generell skeptisch, dass sich die revolutionäre Rolle einzelner Segmente der Klasse danach bemessen lässt, welche Position sie heute im Produktionsprozess einnehmen (oder eben nicht einnehmen). Sie interessieren sich für die „freisetzenden“ Effekte der technischen Entwicklung (Stichwort „Surplus-Proletariat“) sowie für die Krisenpotenz, die in der steigenden organischen Zusammensetzung des Kapitals steckt. Kendra Briken untersucht die Auswirkungen der neuen Technologien auf die Arbeit und die Arbeitsverhältnisse, und betrachtet diese Wirkungen vor allem auf der empirischen Ebene. Wie verändern sich die Arbeitsverhältnisse, wie die konkreten Arbeiten, wie setzten sich die Klassenverhältnisse neu zusammen und was geschieht dadurch mit den Formen von Widerstand und der (Arbeits-)Kämpfe?
BLOCK 5
Panel 5A (Sa, 14:00-16:00 Uhr)
Kontrolle / Control
Ort: ESA A
Sprache: Englisch
Übersetzung: Englisch → Deutsch
Mit Claudia Aradau (London, UK) und Seb Franklin (London, UK)
In der kritischen Diskussion um die Digitalisierung stehen häufig Überwachung, Vorratsdatenspeicherung und der (Alb)traum vom gläsernen Menschen im Mittelpunkt. Dabei ist die Debatte oft verkürzt, weil sie von Persönlichkeitsrechten, Schutz vor dem Staat etc. als ungeschichtlichen Größen ausgeht. Das Panel versucht demgegenüber eine Verschiebung der Debatte in zweierlei Hinsicht. Zum einen soll Kontrolle als ein Herrschaftsregime mit langer Geschichte verstanden werden. Nicht erst mit der Digitalisierung setzen quantitative Strategien der Überwachung und Kontrolle ein, sondern bereits mit der Entstehung moderner Nationalstaaten und dem Beginn des Kapitalismus. Zum anderen sollen persönliche Rechte nicht als Eigenschaften der Bürger_innen, sondern als Ergebnis der historischen Entfaltung dieses Regimes verstanden werden. Erst in einer solchen Klärung ist ein kritischer Ansatz zu gewinnen und die Veränderungen zu bestimmen, die dieses Regime mit der Digitalisierung durchlaufen.
Die historische Dimension der Digitalisierung wird von Seb Franklin betont, indem er sie als eine kulturelle Logik versteht, die nicht an die Maschine Computer gebunden ist. Als solche ist sie nicht nur das Herzstück des spätkapitalistischen Kontrollregimes, sondern fundamental für die Entwicklung des Kapitalismus überhaupt. Claudia Aradau wiederum untersucht die komplexen Sicherheits- und Überwachungs-Arrangements im Detail und fragt: Wie haben sich die Unterscheidungen von Freund/Feind und Selbst/Anderer historisch entwickelt und wie verändern sie sich im Hinblick auf Digitalisierung und Big-Data?
Panel 5b (Samstag, 14-16Uhr)
Politik / politics
Ort: ESA B
Sprache: Deutsch, Englisch
Übersetzung: Englisch → Deutsch, Deutsch → Englisch
Mit Geert Lovink (Amsterdam, NL) und Capulcu (Köln, DE)
In der Linken stehen sich in der Frage der Technik häufig zwei Positionen unversöhnlich gegenüber und erneuern sich scheinbar mit jedem Schub der technologischen Entwicklung, wenn auch mit stets neuen Begriffen. Die eine Seite meint, die Technik müsse nur noch von den kapitalistischen Verhältnissen und Zwecken ihrer Anwendung befreit werden, um ihr Potenzial für die Verwirklichung einer anderen Gesellschaft zu nutzen. Die andere Seite meint, dass Technik an sich schon eine Form der Herrschaft sei und deswegen, statt sie anzueignen, (erst einmal) zerstört werden müsse. Das Panel möchte beide Ansätze diskutieren und herausfinden, ob hier eine Entscheidung zu treffen ist, ob die Alternative schon falsch gestellt ist oder ob wir auf einen faulen Kompromiss angewiesen sind.
Geert Lovink wird eine Kritik der sozialen Medien unternehmen, um von dort aus zu fragen, in welcher Weise sich aus der Perspektive auf elektronische Netzwerke die Organisationsfrage neu stellt. Capulcu – keep the future unwritten argumentieren dagegen, wie wir von Verweigerung und digitaler Selbstverteidigung zu einem Gegenangriff auf das kommen, was sie die „Ideologie und Praxis der totalen Erfassung“ nennen.
BLOCK 6
Panel 6a (Samstag, 16-18Uhr)
Logistik / Logistics
Ort: ESA A
Sprache: Deutsch/Englisch
Übersetzung: Deutsch → Englisch
Mit Tomasz Konicz (Hannover, DE) und Sandro Mezzadra (Bologna, IT)
Der globalisierte digitale Kapitalismus wird von veränderten Produktionsbedingungen on the ground begleitet: In Zeiten von Just-in-Time-Production und Supply-Chain-Management kommt der Verteilung, Lagerung, Unterbringung sowie dem Transport von Arbeitskräften und Waren eine fundamentale Rolle zu. Logistik stellt den Ablauf der Wertschöpfungsprozesse sicher und optimiert sie durch Standardisierung und Automatisierung. Mit der globalen Verteilung dieses Prozesses in internationaler Arbeitsteilung lassen sich Logistik und Produktion kaum noch kategorisch voneinander trennen. Das aber bedeutet auch neue Herausforderungen für die Strategien gegenwärtiger internationaler Arbeitskämpfe: Je mehr Bedeutung dem zeitsensiblen Transport von Arbeitskräften und Waren zukommt, desto zentralere Positionen okkupieren die Menschen, die diesen überwachen und sicherstellen.
Tomasz Konicz wird aktuelle Veränderungen auf dem Weltmarkt skizzieren und dessen Rolle im Rahmen derzeitiger Kapitalakkumulation erläutern. Sandro Mezzadra betont demgegenüber, wie ein „logistischer Blick“ helfen kann, diese Entwicklungen wie aktuelle Arbeits-, Grenz- und Migrationsregime zu verstehen.
Panel 6b, (Samstag 16-18Uhr)
Arbeit / Labour
Ort: ESA B
Sprache: Deutsch
No translation
Mit Nina Scholz (Berlin, DE), Carolin Wiedemann (Berlin, DE) und dem Amazon-Streik-Bündnis (Leipzig, DE)
Der digitale Kapitalismus verändert die Formen der Arbeit. Während einerseits völlig neue Arbeitsbereiche entstehen (clickworking, crowdsourcing, etc.), restrukturiert sie auch vormals ,,nicht digitale“ Arbeitsbereiche. Mit der Digitalisierung geht dabei einerseits ein neue Prekarisierung einher, andererseits bildet sich eine neue Spähre komplexer, hochbezahlter Tätigkeiten heraus. Und auch neue und alte Formen des Widerstands begleiten den digitalen Wandel. Während der Sharing Economy vor ein paar Jahren ein ungebremster Siegeszug vorausgesagt wurde streiken heute Deliveroo-Fahrer_innen, treten Uber-Fahrer_innen in den USA in Automobil-Gewerkschaften ein. An vielen Orten werden Kooperativen gegründet, die den Plattformen des Silicon Valley solidarische Modelle entgegensetzen wollen. Fabriken in Bosnien, Argentinien, der Türkei und in Griechenland werden von den Arbeiter_innen basisdemokratisch geführt. Aber reicht das aus, während in Kalifornien bereits die nächste Automatisierungsrevolution ausgebrühtet wird?
Carolin Wiedemann und Nina Scholz zeichnen die neuen Arbeitskämpfe auf globaler Ebene nach und fragen nach der Aufgabe der Linken im digitalisierten Kapitalimus. Die Genoss_innen des Amazon-Streik-Bündnis berichten von ihren Erfahrungen bei der Unterstzüng des Streiks der Arbeiter_innen in den Amazonwerken von Leipzig und Bad-Hersfeld und skizzieren, inwiefern Amazon als Unternehmen ein Prototyp der (schreklich-)schönen, neuen digitalen Welt ist.
BLOCK 7
Panel 7 (Sa, 19:30-21:30)
Reproduktion / Reproduction
Sprache: Deutsch
Übersetzung: Deutsch → Englisch
Mit Kitchen Politics/Felicita Reuschling (Berlin, DE) und Johannes Paul Raether (Berlin, DE)
Medizin und Pharmakologie eröffnen heute neue Möglichkeiten für eine Reproduktion der menschlichen Gattung, die sich von der Natur als „Schicksal“ zu lösen scheint. Ebenso offenbart sich Zweigeschlechtlichkeit als immer wieder sozial wie auch technisch herzustellende Konstante. Allerdings vollzieht sich die Entwicklung unter den Bedingungen eines expandierenden, globalen Marktes: Ein Outsourcing des Biologischen, z.B. durch Eizellentnahme und Leihmutterschaft, an meist prekarisierte Frauen ist die Folge. Während die einen ihre Mutterschaft bis zum karrieregünstigen Zeitpunkt „einfrieren“ können, übernehmen andere weiterhin feminisierte und damit wenig anerkannte, Körper- und Sorgearbeit. Die Körper(-gewebe) von Arbeiterinnen treten als vermeintlich unvernutzte Ressource in den Verwertungsprozess ein – als Teil von Biotechnologien regenerativer Medizin, die die Verbesserung des Menschlichen selbst zur Vision haben. Während die Grenze zwischen Körper und Technik also zunehmend unschärfer wird, scheinen sich die sozialen Bedingungen der Reproduktion nicht wesentlich verändert zu haben: Ziel ist das biologische Kind, der Rahmen meist die Kleinfamilie. Wirft man einen Blick zurück in die 70er Jahre, auf politische Forderungen nach alternativen Lebensformen, so scheint der neoliberale Kapitalismus heute als neobiedermeierliche Regression ins Private.
Lässt sich dennoch unter gegenwärtigen Bedingungen eine emanzipatorische Verbindung von Technik und Reproduktion denken? Welche Kampffelder eröffnet der Blick auf veränderte Biopolitiken und Arbeitsverhältnisse? Johannes Paul Raether setzt dem globalen „Reproduktionskapitalismus“ performativ eine Utopie des Reprokommunalismus entgegen. Biotechnologien sollen kritisch angeeignet werden, um alternative Formen von Elternschaft zu erproben. Vor dem Hintergrund der Produktivmachung von Reproduktionsarbeit ist für Felicita Reuschling eine emanzipative Hoffnung in Bezug auf diese Technologien vorerst gescheitert. Stattdessen geht es ihr darum, die Konstellationen des kapitalistischen Realismus zu verstehen, in dem paradoxerweise das genetische familiäre Band rechtlich gestärkt wird, je mehr die Lebenswissenschaften als typischer neuer Markt des neoliberalen Projekts entdeckt wurden. Demgegenüber fordert sie, die Frage nach der sozialen Organisation von Reproduktions- und Sorgearbeit neu zu stellen.
Abschlussparty (Samstag 22.00 Uhr)
Maschinenmusik / Maschinemusic
Ort: Fabrique im Gängeviertel, Valentinskamp 28A, 20355 Hamburg
u.a. mit Tamalt, ForsterCtrl, Mori&Noir, Lina Ventura